Freitagsflügel – Fuat Sezgins Appell

Mit dem Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!

„Mein Herr! Weite mir meine Brust und erleichtere mir meine Aufgabe und löse den Knoten meiner Zunge, damit sie meine Rede verstehen mögen.“

Goethe sagt in seinem Diwan von muslimischen Dichtern inspiriert:

„Vor den Wissenden sich stellen,
Sicher ist's in allen Fällen!
Wenn du lange dich gequälet,
Weiß er gleich, wo dir es fehlet...“ 

Drum möchte ich im heutigen Freitagsflügel Prof. Dr. Fuat Sezgin das Wort überlassen.

Wir haben keine Zeit uns auszuruhen!

Interviewer: Was möchten sie den Jugendlichen, Studierenden und Wissenschaft betreibenden sagen?

Fuat Sezgin:

Vor etwa 20-25 Jahren hielt ich an der Kuwait-Universität einen Vortrag. Zu dieser Zeit erschien gerade der 6. Band meines Werkes. Ein Jugendlicher stand auf und fragte mich: „Sie schreiben dieses schwierige Buch, was raten Sie uns?“ Ich sagte ihm auf Arabisch: „Wirkliches Zuhd. Also den Verzicht auf die Güter der Welt! Ich könnte vielleicht unter besseren Bedingungen leben, jedoch seit 30 Jahren tue ich lediglich ein kleines Stück Brot in meine Tasche, wenn ich zu Hause raus und ins Institut gehe. Wenn ich im Institut ankomme, hole ich ein kleines Stück Käse oder fettfreie Marmelade aus meinem Schrank, dies stellt mein Mittagessen dar. Also keine 10 Minuten dauert mein Mittagessen. Zweitens rate ‚Sabrun cemil’… Süßes Sabr… daran erinnere ich mich beständig.

Einige Jahre danach ging ich nach Riad. Fernsehleute kamen zu mir und sie fragten mich: „Was raten sie uns?“ Ich sagte ihnen auf Arabisch: „Gottesbewusstsein (arab. Taqwa). Ich rate das Bewusstsein dafür, dass Allah all unsere Bewegungen unter seiner Kontrolle hat.“ Und ich sagte: „Ich rate euch am Tisch zu sitzen und zu lesen. Jedoch ihr sollt nicht in euren Gedanken in der Oxford Street, der Champs-Elysées oder der Sulaiman-Pascha-Straße in Kairo spazieren [alles Orte, die für Pracht und Luxus stehen]! Ich rate euch mit euren Gedanken und eurem Körper am Tisch zu sitzen und zu lesen.“

Die Muslime heute verbringen ihr Leben damit in Flugzeugen, Zügen und Autos unterwegs zu sein. In Wirklichkeit aber ist es nötig, dass sie nachdenken und nachdenkend Ideen entwickeln. Es ist nötig, dass man zu verzichten versteht. Anschließend dazu möchte ich noch etwas sagen: Wenn ich diese Bücher schreibe, passiert es gelegentlich, dass ich erschöpft am Tisch sitze. Ich möchte mich hin und wieder ausruhen. Doch gleich fällt mir ins Herz: Die Gelegenheit vergeht, die Gelegenheit! Die Zeit vergeht! »Wir kannst du dir Zeit für dich selbst einräumen?«, schimpfe ich mit mir. Dann beende ich sofort meine Pause und zwinge mich zu schreiben. Also wir müssen eine lesende, schreibende und denkende Gesellschaft sein. Und das geht niemals ohne Sprache. Bei unseren Türken herrscht eine Angst vor Sprachen, diese Angst müssen wir bezwingen. Ihre Ursache hat diese Angst in der Unkenntnis der Grammatik. Heute lesen und schreiben Millionen von Menschen. Ihre erzielten Resultate können wir einzig mit Kenntnis der Grammatik fassen. Ich lerne Sprachen, um Geschriebenes zu verstehen. Wenn ich eine Sprache auf dem Niveau beherrsche, dass ich Bücher in dieser Sprache lesen kann, höre ich auf diese Sprache weiter zu lernen. Soll heißen: Ich bin kein Linguist. Sprachen stellen für mich ein Mittel dar.

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