Liebes Tagebuch,
kennst du die Geschichte von Schakik Belch? Ich erinnerte mich heute an ihn… er ist ein Schüler Abu Hanifes… seine Geschichte prägte mich sehr und drum will ich sie auch dir, einem meiner besten Freunde erzählen. Was ist ein Freund? Ein Freund ist jemand, dem wir erzählen, was das Herz bedrückt, ohne seines zu bedrücken. Ich hoffe, ich bedrücke dich nicht wertes Tagebuch… gestern schrieb ich übrigens ein Gedicht an Hölderlin. Gedichte sind auch eine Art Tagebuch – zumindest Gelegenheitsgedichte… ich möchte es auch gerne dir zeigen! Denn was das deutsche Volk damals Hölderlin antat… das erzürnt mich und macht mich traurig…
An Hölderlin oder Anklage der Deutschen
Was taten sie mit dir, o Bruder! Was haben sie dir angetan?! Die Deutschen, ach und immer wieder, Hat sich ihr Volksgeist kundgetan... An ihren Dichtern haben sie sich Vergangen, ach, welch werte Lyriker! Sie wirken heute noch so wunderlich – In mir, dem Antianalytiker! O Hölderlin, o Freund, mein werter! Dies Herz vergießet Tränen, feucht und schwer... Mal gar nicht und mal sinnentleerter Wardst du gelesen, Hölderlin, o Herr! Wo ist er nun, sag du es mir, wo ist mein Bruder... Sie führen mich zu dir doch, seine Lieder? Verzeih dem Geist, der sich verlor – Sein Volk war ein zu mannigfaltiger Tor...
Ich schrieb es, nachdem ich gestern die letzten Gedichte Hölderlins mit Scardanelli unterzeichnet las…
Schakik Belch war jung. Er ging zu Zoroastriern, um zu sehen, was sie tun und wie sie beten. Er sprach einen an und fragte ihn: Warum wirst du nicht Muslim, statt etwas anzubeten, dass dir nicht nutzen kann? – Der andere Jugendliche holte aus und schlug zu. Schakik Belch ging enttäuscht von dannen. – Jahrzehnte später, nachdem er zu dem Schakik Belch geworden war, an den wir uns heute ehrfürchtig erinnern, erinnerte er sich an seine Jugend und ging an selbigen Ort. Er sah einen alten Mann und sagte zu ihm: Wieso wirst du nicht Muslim, statt etwas anzubeten, dass dir nicht nutzen kann? – Der alte Mann erwiderte: Kläre mich über den Islam auf. Er lauschte, was Islam ist und wurde Muslim. – Schakik Belch sagte, dass er in seiner Jugend bereits hier war, aber eine Ohrfeige erhielt, als er das sagte. Der Mann erwiderte: Ich bin dieser Junge von früher. Damals erschienst du mir nicht rechtherzig. Heute schienst du rechtherzig.
Es gibt Menschen, die sagen nur ein Wort und es wirkt. Es gibt Menschen, die sprechen dasselbe Wort, aber sie wirken abstoßend. Warum? Weil ihre Herzzustand den Worten einen üblen Beigeschmack gibt. Unser Herzzustand lebt in unseren Worten. Es ist allmählich sehr anstrengend zu Hause zu sein… ich vermisse das regelmäßige Treffen mit meinen Freunden. Der Austausch ist so wertvoll!
Mit meinem Tagebuch zu sprechen ist ein Trost und wirkt sehr sehr befreiend. Genauso zu dichten! Auch die Novelle, die ich im Begriff bin zu schreiben. Sie wird sehr spannend, aber da möchte ich nicht mehr verraten. Ich freue mich darauf!
Wo ist das Herzenslächeln, wo die Engel, Wo ist das tiefe gnadenreiche Glück? Von Trivialität bin ich umzingelt, Wo ist der Engel meines Herzgeschicks? O strömt herbei, erleichtert mein Gemüt, O strömt herbei, ihr zarten Himmelswesen! Die Dunkelheit, die meinem Herzen blüht, Lässt sich an meiner Menschenstirn ablesen, Wenn ihr mit euren Flügeln nicht erscheint Und mich umgebt mit Lichterlohigkeit, Sehn Wissende des Herzens, wie es weint In meiner Brust, dem Ort der Ewigkeit…
Es ist so viel leichter in Gedichten zu sprechen… wenn sie doch nur wüssten?
Durch Empfehlung einer Freundin auf deinen Blog aufmerksam geworden. Deine Gedanken und Worte gehen unter die Haut. Deine Poesie verdient höchste Wertschätzung. Weiter so ! 🙂
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vielen vielen Dank für die Wertschätzung! 🥀
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